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Dr. med. Suzanne von Blumenthal

Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Gesamtleitung Logosynthese Institut Schweiz

Drei Kontinente

Afrika, Europa und Zentralamerika. Ich habe früh erfahren, was es heisst, fremd zu sein, anders zu sein und doch offen für Neues, offen für die Welt. Zu verstehen und verstanden zu werden. Ich bin mit verschiedenen Sprachen aufgewachsen. Die Sprache ist das Zentrum der Beziehung, aber noch viel wichtiger ist es, sich zu begegnen, aufeinander zuzugehen und einander zu vertrauen.

Südafrika – In den 50er Jahren wanderte ich mit meinen Eltern von Deutschland nach Südafrika aus, um dort ein neues Leben zu beginnen. In einem Haus mit Garten inmitten unberührter Natur wuchs ich zusammen mit meiner Schwester auf. Das Meer, die Sonne und das weite Land mit seinen vielfältigen Landschaften und Kulturen prägten meine ersten Lebensjahre.

Deutschland – zurück in einer neuen Kultur, Kälte und Schnee, daran musste ich mich erst gewöhnen. Der erste Schultag in Frankfurt führte mich zur deutschen Sprache, die so anders war. Ich genoss den langen Schulweg, die langen Fahrradtouren entlang des Mains und die neuen Freunde. Fast jedes Wochenende verbrachten wir in Pforzheim bei unserer Familie, die uns sehr ans Herz gewachsen war. Wir wanderten im Schwarzwald, an der Enz entlang oder besuchten den Märchengarten in Stuttgart.

Märchen – das waren meine Lieblingsgeschichten, Bücher, die ich verschlungen habe. Später waren es die Bücher von Karl May. Fremde Welten, fremde Kulturen und ferne Länder haben mich immer schon inspiriert.

Mexiko – das war für mich eine freudige Nachricht, als ich erfuhr, dass wir nach Mexiko auswandern würden. Ich war begeistert von den Menschen, sie waren fröhlich, sangen viel, machten Musik und waren sehr offen. Schnell tauchte ich in die spanische Sprache ein, es ging gar nicht anders. Ich kam in Kontakt mit der Kultur, die geprägt war von den indigenen Völkern, dem Kolonialismus und der riesigen Stadt, die damals nur 7 Millionen Menschen ein Leben mit vielen Herausforderungen bot.

Mich faszinierten die Pyramiden, die «Ausgrabungen» und wie die Menschen vor 2000 Jahren gelebt haben, wie vielfältig ihre Kultur und Sprache war. Dann kamen die Spanier, die alles veränderten und eine neue Kultur aufbauten, mit der spanischen Sprache, der katholischen Kirche und den «Freiheitskämpfen».

Abschied – die Ölkrise 1973 ließ die Wirtschaft zusammenbrechen, mein Vater verlor seine Arbeit und wir mussten innerhalb von zwei Monaten nach einer letzten Reise in den Süden Mexikos die Zelte abbrechen. Wir wussten nicht, wohin wir gehen sollten, nach Japan, Deutschland oder gar in die Schweiz?

Dr. med. Suzanne von Blumenthal und ihre Mutter in Südafrika 1961.

Bootsfahrt in Mexico

Graubünden – Nach einem kurzen Aufenthalt in Pforzheim kamen wir nach Graubünden, in die Berge, die wir alle so sehr liebten. Wir waren begeisterte Skifahrer und Wanderer. Die erste Bergtour war auf den Piz Beverin, sehr mächtig und anspruchsvoll. Die erste Skitour war am 4.11.1974 auf die Brambrüesch mit über einem Meter Neuschnee.

In der Kantonsschule Chur lernte ich weitere Sprachen: Latein, Französisch, Italienisch, aber leider kein Rätoromanisch: Das war kein Unterrichtsfach für «Ausländer», sondern nur für «Einheimische». Erst später lernte ich ein wenig Sursilvan, was dem Romanischen meines Wohnortes am nächsten kam.

Ärztin werden, das wusste ich schon mit 8 Jahren. Nun war es mein Wunsch, in der Schweiz Medizin zu studieren. Als «Ausländerin» war das gar nicht so einfach, aber es gelang mir, einen Studienplatz in Freiburg zu bekommen und zweisprachig Humanmedizin zu studieren. Nach zwei lehrreichen Jahren mit vielen Begegnungen, unter anderem im Studentenchor der Jeunesse musicale, zog ich weiter nach Bern, einer kleinen, aber feinen Hauptstadt, die mir viel Abwechslung bot. Ich war neugierig, wissbegierig und auf der Suche nach dem Verständnis des Lebens.

Neues Leben in der Frauenklinik

Hier begegnete mir das neue Leben, die Geburtshilfe, aber auch eine interessante Frage, die später zu meiner Doktorarbeit wurde: Wie kann man Brustkrebs früh erkennen? Nach dem Studium war für mich klar: Ich gehe zurück nach Graubünden. Es war aber nicht einfach, eine passende Stelle zu finden, die für eine »Noch-Ausländerin» offen war.

Psychiatrie Wunschfach? – Nach mehreren Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen fand ich eine Stelle in einer psychiatrischen Klinik. Ich wollte unbedingt so schnell wie möglich arbeiten: Auch wenn die Psychiatrie nicht mein Wunschfach war, dachte ich mir, ja, ein Jahr kann nicht schaden, und dann werde ich sicher wieder in die Gynäkologie wechseln.

Freude an Menschen – Menschen zu treffen, die sich mit dem Leben, dem Sinn des Lebens und anderen Herausforderungen des Lebens auseinandersetzen, das hat mir gefallen. Das Thema Grenzen setzen, anders sein, so sein wie man ist, hier sein, all das hat mich bewegt. Nach einem Ausflug nach Zürich in die Neurochirurgie war für mich klar, dass ich mich in die Psychiatrie vertiefen wollte, und ich war begeistert von der Möglichkeit, Menschen in der Psychotherapie zu begegnen und sie zu begleiten. Ein Oberarzt empfahl mir eine psychotherapeutische Ausbildung bei zwei jungen holländischen Psychologen in Davos. So lernte ich Willem Lammers kennen, bei dem ich eine dreijährige Ausbildung in Transaktionsanalyse absolvierte. Ich lernte viel über mich und das System Mensch.

Tradition meiner Grossmütter – Nach Abschluss meiner Facharztausbildung habe ich mich 1994 mit einer Praxis in Thusis selbständig gemacht. Im gleichen Jahr gründete ich mit meinem Partner eine Familie und zog ins Domleschg. Ich folgte der, Tradition meiner Grossmütter, die alle mit Familie berufstätig waren.

Klinik Beverin meine Chance
Ende 1994 wurde ich angefragt, als Chefärztin ad interim zu arbeiten. Nach reiflicher Überlegung kamen wir zum Schluss, dass ein Jahr in der Klinikleitung überbrückt werden könnte. Doch es kam anders: Das geplante Neubauprojekt der Klinik Beverin und die bevorstehende Entwicklung der Psychiatrie in Graubünden waren für mich eine Chance, meine Ideen zur Öffnung der Psychiatrie und zur Verbesserung der psychiatrischen Therapieansätze umzusetzen.

Geprägt von der «Berner Schule» um Luc Ciompi, einem der Pioniere der Sozialpsychiatrie in der Schweiz, und Edgar Heim mit der Milieutherapie in stationären Einrichtungen, habe ich zusammen mit den entsprechenden Wegbegleitern, die mich in diesen Projekten unterstützt haben, eine moderne Psychiatrie in Graubünden aufgebaut. Die Anliegen der Patientinnen und Patienten waren mir ebenso wichtig wie die Anliegen des Umfeldes, sei es die Familie, sei es die Arbeit, sei es das Wohnen, sei es das Beziehungsnetz. Es waren spannende Jahre, in denen ich viele meiner Ideen verwirklichen konnte, andere nicht. Gerade das Schaffen neuer Ausbildungswege, neuer therapeutischer Ansätze oder Modelle hat mich immer wieder fasziniert. Ich war eine Suchende, die Wege erforschte, wie Menschen wieder zu sich selbst finden können. Lernen, sich entwickeln, überprüfen, weitergehen, Neues entdecken, das machte mich manchmal unruhig, aber auch sehr anregend für alle, die mich begleiteten.

Dr. med. Suzanne von Blumenthal und ihre Schwester in Südafrika 1976.

Weiterbildung liegt mir am Herzen

Die Weiterbildung von Fachkräften lag mir besonders am Herzen. Immer wieder habe ich Mentoren gefunden, die mich unterstützt und mir den Weg geebnet haben. Und jetzt bin ich so weit, dass andere von meinen Erfahrungen lernen können und ich Menschen auf ihrem Weg begleiten darf.

Selbstbestimmtes Leben für Patientinnen und Patienten
Während 23 Jahren war ich als Chefärztin Mitglied der Geschäftsleitung, zuerst in der Klinik Beverin. Nach der Fusion der Kliniken Waldhaus und Beverin im Jahr 2002 leitete ich zusammen mit der Pflegedienstleitung die fachlichen Belange der Psychiatrischen Dienste Graubünden. Mein letztes grosses Projekt war der Aufbau der Privatklinik in Cazis, die nach modernen und neuen Modellen geführt wird. Damit hielten neue Therapieansätze Einzug in die psychiatrische Behandlung, die sowohl den Körper als auch die Psyche unterstützten. Es war mir wichtig, dass die Patientinnen und Patienten eine wirksame, nachhaltige und gesundheitsfördernde Behandlung erhielten. Deshalb habe ich mich weiterhin an vorderster Front für die Behandlung und Begleitung der Patientinnen und Patienten in ein selbstbestimmtes Leben eingesetzt. Die Patienten sollten von ihren Betreuern unabhängig werden.

Die wegweisende Einladung
Irgendwann im Februar 2009 erhielt ich eine Einladung von Willem Lammers zu einem Abendworkshop. Er stellte den Mitgliedern des Bündner Vereins für Psychotherapie sein neues Modell der Logosynthese vor. Wir waren eine kleine Gruppe, mit der Willem eine kurze Einführung machte und uns direkt in das Modell der Logosynthese einführte. Die Wirkung der Logosynthese setzte sofort ein, faszinierend, was da in mir vorging. Ich war sofort begeistert und dachte, das muss ich lernen. So machte ich mich auf den Weg mit der Logosynthese, die bis heute ein fester Bestandteil meines Lebens ist und mich persönlich und beruflich begleitet.

Neues Modell Logosynthese
Seit 2010 benutze ich die Logosynthese und ihre Anwendung bei mir und meinen Patientinnen und Patienten. Ich habe erstaunliche Fortschritte gesehen, die mich immer wieder überrascht haben. Ich wollte meine neuen Erfahrungen, die sich auch mit den neuesten Entwicklungen in den Neurowissenschaften decken, mit anderen teilen und Fachleute auf diesem Gebiet weiterbilden. Gleichzeitig erfuhr ich im Gespräch mit Willem Lammers, dem Gründer der Logosynthese, dass er daran dachte, sein Institut für Logosynthese Schweiz in neue Hände zu geben. 2015 habe ich mich entschieden, das Logosynthese Institut Schweiz in Bad Ragaz zu übernehmen. Mit der Gründung der neuen Akademie für ganzheitliche Medizin und Psychologie AG habe ich diesen Schritt 2017 vollzogen. Nun kann ich alle meine Erfahrungen aus Medizin, Therapie, Organisation sowie in der Weiterbildung von Fachpersonen aller Altersgruppen nutzen, um dieses Unternehmen zu führen und weiterzuentwickeln.

Meine Arbeit mit Logosynthese
Die Logosynthese ist eingebettet in die klassische Psychotherapie, die ich seit 1989 praktiziere. Grundlage bleibt die Arbeitsbeziehung zwischen Therapeutin und Patientin. Es geht um die Kontaktaufnahme, die Klärung des zu bearbeitenden Themas und die Beziehungsarbeit, die von Vertrauen, Sicherheit und Wohlwollen geprägt ist. Die Herangehensweise hat sich bei mir allmählich verändert: Standen bisher Psychologie, Medizin und Neurowissenschaften im Zentrum der Klärung, Diagnose und Behandlung, so nehme ich mich immer mehr zurück und öffne ein Feld mit Zeit und Raum, zum Verstehen, Loslassen und Lernen. Die Aspekte, alles ist Energie, Energie fliesst oder nicht, bestimmen den Prozess, die Fragen und die Suche. Wenn die Fokussierung des Auslösers abgeschlossen ist, kommt der grundlegende Prozess der Logosynthese ins Spiel.

Es ist faszinierend, wie das Aussprechen von Worten Energie in Bewegung setzt und Körper und Psyche sofort reagieren. Die Wirkung setzt unmittelbar ein und löst Blockaden, ohne dass der Verstand dies genau verstehen oder nachvollziehen muss. Erinnerungen, Vorstellungen, Überzeugungen werden neu geordnet oder neutralisiert. Der Mensch ist in Kontakt mit dem «Wesentlichen», die Ressourcen sind verfügbar, alles ist im Fluss. In jedem therapeutischen Prozess staune ich über die Wirkung, wie schnell, effizient und nachhaltig die Reaktionen sind, so dass der Mensch wieder im Gleichgewicht ist, körperlich, seelisch und in seinem Wesen.

Meine Werte – Offenheit, Empathie, Wertschätzung, Respekt, Vertrauen, Geduld.

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Die Anwendung der Logosynthese ist einfach, effektiv und leicht zu vermitteln.

Dr. med. Suzanne von Blumenthal

Gesamtleitung Logosynthese Institut Schweiz Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH